Funktionelle kortikale Netzwerke während der Analyse unterschiedlich komplexer Sätze: eine EEG-Kohärenzuntersuchung

Sabine Weiss1) Horst M. Müller2) Jonathan W. King3)
Marta Kutas4) Peter Rappelsberger1)

1) Universität Wien, Institut für Hirnforschung
2)Universität Bielefeld, AG Experimentelle Neurolinguistik
3)Universität Missouri-Columbia, Dept. of Psychology
4)Universität von Kalifornien, San Diego, Dept. of Cognitive Science

Abstract
Über den Zusammenhang zwischen EEG-Kohärenz und Satz- bzw. Textverarbeitung bei gesunden Versuchspersonen liegen bisher nur wenige Studien vor [z.B. 1]. Bislang existieren vorwiegend Studien zur Wortverarbeitung, wobei sich zeigte, dass verschiedene kognitive Komponenten (z.B. sensorische Verarbeitung, verbale Gedächtnisleistung, etc.) durch Synchronisierungsprozesse in unterschiedlichen Frequenzbändern widergespiegelt werden [2, 3, 4].

In diesem Beitrag soll anhand von EEG-Kohärenznetzwerken während der Analyse unterschiedlich komplexer Sätze gezeigt werden, ob unterschiedliche kognitive Operationen wie etwa Arbeitsgedächtnisprozesse und syntaktische Analyse in verschiedenen EEG-Frequenzbändern widergespiegelt werden. Beispiele für unterschiedlich komplexe Satztypen sind Subjekt-Subjekt-Sätze (SS-Sätze), bei denen das Subjekt des Hauptsatzes gleichzeitig auch als Subjekt des eingebetteten Relativsatzes fungiert und Subjekt-Objekt-Sätze (SO-Sätze), bei denen das Subjekt des Hauptsatzes im Nebensatz jedoch das Objekt darstellt. Diese Sätze sind für die Untersuchung der syntaktischen Analyse und der Rolle die das Arbeitsgedächtnis dabei spielt, sehr gut geeignet, da durch die variierbare Satzkomplexität unterschiedliche Verarbeitungsanforderungen an die Rezipienten gestellt werden können. Sätze des SO-Typs sind weitaus schwieriger zu verstehen als SS-Sätze, weil es u.a. zu höheren Anforderungen an das Arbeitsgedächtnis während der Satzanalyse kommt.

Wir konnten zeigen, daß links-frontale Regionen (F7, F3 und Broca-Region) bei der syntaktischen Analyse beider Satztypen vermehrt miteinander kooperieren. Bei den SO-Sätzen kam es zusätzlich zu einem verstärkten Informationstransfer zwischen links-frontalen und rechts-homologen Regionen. Diese Ergebnisse zeigten sich im Theta-Frequenzband (5-7 Hz) und können mit Arbeitsgedächtnisprozessen korreliert werden. Die neuronalen Kooperationsmuster während der Verarbeitung beider Satztypen im Beta-1-Band (13-18 Hz) hingegen lieferten Hinweise, dass hier syntaktische/semantische Prozesse widergespiegelt werden. Die Ergebnisse belegen, dass die EEG-Kohärenz ein wichtiges Maß für die Beurteilung unterschiedlicher kognitiver Prozesse während der Satzverarbeitung ist und dass es möglich ist neuronale Synchronisierungsprozesse während der Satzanalyse darzustellen.

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Literatur
[1]
Petsche, H., Etlinger, S.C. & Filz, O. (1993). Brain electrical mechanisms of bilingual speech management: an initial investigation. ElectroencephalogrClinNeurophysiol 86, pp. 385-394.
[2]
Rugg, M.D. & Venables, P.H. (1980). EEG correlates of the acquisition of high- and low-imagery words. Neuroscience Letters 16, pp. 67-70.
[3]
Weiss, S. & Rappelsberger, P. (1996). EEG coherence within the 13-18 Hz band as a correlate of a distinct lexical organisation of concrete and abstract nouns in humans. Neuroscience Letters 209, pp. 17-20.
[4]
Weiss, S. & Rappelsberger, P (2000). Long-range EEG synchronization during word encoding correlates with successful memory performance. Cognitive Brain Research 9, pp. 299-312.


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