Frühe Komponenten der elekrtischen Hirnaktivität werden durch Wortbedeutung beeinflusst

Wolfgang Skrandies

Universität Gießen

Abstract
Mit der Methode des semantischen Differentials lässt sich die affektive Bedeutung von Worten quantitativ in unabhängigen Dimensionen beschreiben und auf den Skalen "gut-schlecht" (evaluation, E), "stark-schwach" (potency, P) und "aktiv-passiv" (activity, A) eindeutig lokalisieren. Aus unseren vergleichenden Untersuchungen an deutschen und chinesischen Probanden wissen wir, dass diese Bedeutungsdimensionen sprach- und kulturunabhängig sind. Wir untersuchten hirnelektrische Korrelate von affektiver Wortbedeutung in einer Gruppe gesunder junger Erwachsener.

Zunächst wurden 163 Substantive von 30 Versuchspersonen klassifiziert, und die entsprechenden Bedeutungsskalen wurden mit Hilfe einer Faktorenanalyse extrahiert. Worte, deren Ausprägung auf jeweils einer Skala extrem positiv oder negativ und auf den anderen Skalen sehr gering war, wurden für die elektrophysiologischen Experimente verwendet. Auf diese Weise erhielten wir sechs semantisch "reine" Klassen (E+, E-, P+, P-, A+, A-), die Worte mit vergleichbarer Buchstabenzahl und Auftretenshäufigkeit in der deutschen Sprache enthielten.

Zweiundzwanzig weiteren Versuchspersonen wurden die Worte randomisiert und sequentiell auf einem Bildschirm dargeboten. Das EEG wurde in 30 Kanälen (gleichmäßig verteilt zwischen Inion und 5% frontal von Fz) zusammen mit dem EOG kontinuierlich registriert. Evozierte Potentiale wurden offline für die einzelnen semantischen Klassen berechnet und topographisch analysiert. In einer Kontrollbedingung wurden konventionelle, durch einfache Kontrastreize visuell evozierte Potentiale gemessen.

Signifikante Unterschiede in Hinsicht auf Latenz, Feldstärke und Topographie der ausgelösten Hirnaktivität traten sowohl früh als auch spät auf, allerdings führte der Einfluss der Wortklassen bei den ersten drei Komponenten zwischen 80 und 265 ms Latenz zu deutlich mehr signifikanten Unterschieden als in dem Zeitbereich zwischen 270 und 975 ms. Unsere Daten zeigen, dass durch Sprachreize ausgelöste Hirnaktivität von der affektiven Bedeutung abhängt, wobei bereits relativ frühe Stufen der Informationsverarbeitung durch die Dimension semantischer Reize beeinflusst werden.

Unterstützt durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft, DFG Sk 26/5-3 und DAAD 992288.


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