Von Bielefeld zum B und zurück in wenigen Millisekunden:
Elektrophysiologische Studien zum Zeitverlauf in Sprachprozessen

Bernadette M. Schmitt

Universität Maastricht
Department of Neurocognition

Thomas Münte

Universität Magdeburg
Lehrstuhl für Neuropsychologie

Abstract
Sprechen und Verstehen sind automatische und daher sehr schnelle kognitive Prozesse. Psycholinguisten haben bereits genaue Ideen darüber, welche Information beim Sprachgebrauch verarbeitet wird. Unbekannter dagegen ist, wann genau diese Information verfügbar wird.

Wir haben mit Hilfe von elektrophysiologischen Messungen den Zeitverlauf von semantischer, syntaktischer und phonologischer Informationsverarbeitung näher untersucht. Versuchspersonen sahen eine Reihe von Bildern (implizite Bildbenennung), oder hörten eine Reihe von Wörtern (Verstehen von Wörtern). Sie mussten dann Entscheidungen über diese Items fällen. Die Entscheidungen waren z. B. semantischer Art (ist das Item ein Tier oder ein Objekt), syntaktischer Art (hat es feminines oder maskulines syntaktisches Geschlecht) oder phonologischer Art (beginnt der Name des Items mit einem Vokal oder Konsonanten). Die Versuchspersonen mussten mehrere zweifach-Wahl go/nogo Aufgaben ausführen. Zum Beispiel, beim Vergleich semantischer vs. phonologischer Informationsverarbeitung beim Sprechen sahen sie Bilder und mussten eine Antwort (Knopfdruck) hinsichtlich des Bildnamens vorbereiten. Die Instruktion lautete etwa: "Antworte rechts, wenn das Bild ein Tier darstellt, links wenn es ein Objekt darstellt, antworte aber nur, wenn der Name mit einem Vokal beginnt, antworte nicht, wenn er mit einem Konsonanten beginnt." In diesem Beispiel basiert die go/nogo Antwort auf phonologischer Information. Die Instruktion wurde dann "umgedreht", so dass go/nogo Antworten auch auf semantischer Information beruhten.

Die Entscheidungen wurden durch ereigniskorrelierte Potentiale (EKPs) gemessen und durch eine spezielle elektrophysiologische Komponente (N200) geschätzt. Die N200 verläuft unterschiedlich für go und für nogo Antworten. Ein Subtrahieren des go EKP vom nogo EKP liefert den N200 Effekt. Dieser Effekt sagt vermutlich aus, wann genug Information verfügbar ist, um zwischen go und nogo Antworten zu unterscheiden. Ein Vergleich verschiedener N200 Effekte ergab interessante Information hinsichtlich des Zeitverlaufs von Informationsverarbeitung beim Sprechen und Verstehen.


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