Zeitverlaufsanalyse von Synchronisationsprozessen bei Informationsverarbeitung im EEG

Bärbel Schack

Universität Jena
Institut für Medizinische Statistik, Informatik & Dokumentation

Abstract
Neuronale Aktivität des Kortex äußert sich in oszillatorischer elektrischer Aktivität, meßbar über das EEG bzw. das MEG. Zur Auswertung dieser oszillatorischen elektrischen Aktivität bei unterschiedlichen kognitiven Anforderungen ist die Spektralanalyse zu einem Standardverfahren der EEG/MEG-Analyse geworden. Hauptsächlich werden univariate Spektralparameter wie Amplitude oder Leistung von Schwingungen verschiedener Frequenzbereiche zur Beurteilung der Stärke der Aktivität und bivariate Spektralparameter wie Kohärenzen und Kreuzphasen zur Detektion und Beschreibung synchroner oszillatorischer Aktivität verschiedener Areale des Kortex eingesetzt. Klassische Verfahren zur Schätzung von Spektralparametern basieren auf der Fourier-Transformation. Voraussetzung dieses Schätzverfahrens sind lange stationäre Abschnitte des EEG bzw. MEG. Die resultierenden spektralen Parameter haben keinen Bezug zum Zeitpunkt des Auftretens von Rhythmen, sondern spiegeln oszillatorische Aktivität im Mittel über die Gesamtzeit der Untersuchung wider.

In den letzten Jahren setzten sich immer mehr Verfahren zur zeitbezogenen Spektralanalyse wie die Wavelet-Analyse oder adaptive Filterverfahren durch. Diese Methoden haben den Vorteil, auch kurzzeitige oszillatorische Ereignisse beschreiben zu können. Damit sind sie besonders für die Untersuchung kognitiver Prozesse wie z.B. Wortverarbeitung, Gedächtnisprozesse, Mustervergleich usw. geeignet, da man hier sehr schnell ablaufende informationsverarbeitende Prozesse mit raschen Veränderungen annimmt.

Hauptgegenstand des Beitrags ist die Darstellung der Nutzung der momentanen Kohärenzschätzung zur Charakterisierung von zeitlichen Abläufen von Synchronisationsprozessen bei unterschiedlichen kognitiven Anforderungen. Die Kohärenz gibt Aufschluß über mögliche funktionale Interaktionen verschiedener Hirnareale bei Informationsverarbeitung. Auf der Basis der Berechnung der zeitveränderlichen Kohärenzfunktion für viele Elektrodenpaare kann ein dynamisches Netzwerk kortikaler Interaktion konstruiert werden, das den zeitlichen Verarbeitungsprozeß reflektiert. Zeitvariante Kohärenzparameter wie der Zeitpunkt maximaler Synchronisation oder die maximale Synchronisationsstärke innerhalb eines Zeitintervalls können zur Charakterisierung bzw. Klassifizierung kognitiver Operationen genutzt werden. Zusätzlich kann der Zusammenhang zwischen momentanen Kohä-renzparametern und Verhaltensparametern wie die Reaktionszeit Aufschluß über die Interpretation von Synchronisationsprozessen geben.

Im Beitrag werden beispielhaft Studienergebnisse von Synchronisationsuntersuchungen beim Buchstabenvergleich und bei Wortverarbeitung angegeben.


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