Afrikanische Landschaftsbeschreibungen im Vergleich - ein interdisziplinäres Problem

Wilhelm Möhlig und Axel Fleisch

SFB 389: Kultur- und Landschaftswandel im ariden Afrika
Universität Köln

Abstract
In dem hier vorgelegten Diskussionsbeitrag soll ein spezielles Problem des SFB 389 aus der Zusammenarbeit zwischen den Disziplinen Afrikanistik, Geographie und Völkerkunde metamethodologisch behandelt werden. Ausgangspunkt ist die empirisch abgesicherte Grundannahme, daß sich in den angestammten Sprachen der afrikanischen Völker die historischen Erfahrungen des Landschafts- und Kulturwandels niederschlagen. Die Afrikanistik verfügt über mehr oder weniger adäquate semantische Methoden, das konzeptuelle Modell der Landschaftsperzeption einer jedweden Sprachkultur in der Synchronie zu analysieren und darzustellen. Die empirische Grundlage bilden dabei die lexikalischen Inventare, spontan formulierte Texte (orale und schriftliche Literatur) sowie gezielt erhobene Texte (z.B. Interviews). Um die gefundenen Sachverhalte auch in der Diachronie erklären zu können, ist ein Vergleich zwischen mehreren indigenen Modellen der Landschaftsperzeption erforderlich. Dem steht zunächst das zentrale Problem entgegen, daß die indigenen Modelle aufgrund ihrer Individualität im Prinzip unvergleichbar sind. Um dennoch eine Vergleichbarkeit auch im konzeptuellen Bereich zu erzielen, haben wir folgendes Verfahren entwickelt: Zunächst werden dieselben Landschaften parallel sowohl nach Parametern der Innenperspektive (Bewohner), als auch nach einem standardisierten Beschreibungsmodell der Außenperspektive (Geographen) erfaßt. Anschließend werden die Ergebnisse kontrastiv miteinander verglichen. Dabei ergeben sich jeweils kontrastive Profile, die aus Übereinstimmungen, Divergenzen und qualitativ zu definierenden Teildivergenzen bestehen. Aufgrund ihres generellen Bezugs auf das geographische Beschreibungsmodell sind diese vergleichbar und damit auch für historische Rekonstruktionen verwendbar. Darüber hinaus können bestimmte Parameter und Elemente, die nicht eindeutig auf Umweltfaktoren zurückführbar sind, mit anderen Kulturkomplexen wie Wirtschaftsformen, Sozial- und Herrschaftsstrukturen oder Institutionen der Konfliktbewältigung verglichen werden, um auf diese Weise synchrone und diachrone Interdependenzen auf der soziokulturellen Ebene festzustellen.

Das hier skizzierte Zusammenspiel der Methoden ist nach einem mehrstufigen Diskursmodell organisiert. Auf der Stufe der Datenerhebung werden zunächst parallel und gesondert von allen drei beteiligten Disziplinen nach ihren Methoden die jweils selben Landschaften und die in ihnen lebenden Menschen erfaßt. Auf der Aufbereitungsstufe werden die Daten so ausgerichtet, daß sie für die kooperierenden Disziplinen "verstehbar" (interdisziplinäres Übersetzungsproblem) sind. Die analytische Stufe ist ihrerseits in mehrere Phasen unterteilt. Zunächst wird ein Diskurs zwischen der Geographie und der Afrikanistik organisiert. Dabei ist jeweils eine Disziplin die fragende und die andere die antwortende. Bei jedem kommunikativen Akt dieser Art entsteht in der Regel ein "weiterführender Impuls", der die nächste Runde von Frage und Antwort auslöst. Bleibt dieser aus, etwa weil das Thema erschöpfend bearbeitet ist, muß eine "neue thematische Initiative" begonnen werden, wobei die Rollen von fragender und antwortender Disziplin wechseln können. Das Zwischenergebnis dieses Diskurses zwischen Afrikanistik und Geographie dient in der folgenden analytischen Phase als Grundlage eines analog strukturierten Diskurses zwischen afrikanistischen, ethnologischen und schließich ethnohistorischen Methoden. Man kann sich vorstellen - hier fehlt uns jedoch in unserem SFB noch die Erfahrung - daß die Ergebnisse dieser Phase in einer dritten analytischen Phase wiederum als Grundlage für einen Diskurs mit archäologischen Methoden dienen.


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