Universität Bielefeld - Sonderforschungsbereich 360

Zur Semantik von Repräsentationstechniken
Generalisierung, kognitive Interpretation, Anbindung an eine Pragmatik.
Fallstudie zwei zum SFB-"Flugzeug"

Hannes Rieser und Josef Meyer-Fujara

Einleitung

Im SFB 360 "Situierte Künstliche Kommunikatoren" an der Universität Bielefeld werden Sprachdaten zu einer speziellen Konstruktionsaufgabe erhoben. Im experimentellen Setting haben zwei Agenten - ein Instruktor und ein Konstruktor - die Aufgabe, ein Spielzeugflugzeug der Marke "Baufix" wie in Abb. 1 nachzubauen. Sie sind dabei durch eine Sichtblende getrennt, können aber verbal frei miteinander kommunizieren. Der Instruktor hat das vollständig aufgebaute Flugzeug vor sich stehen und gibt dem Konstruktor Anweisungen zum Nachbau.

Abbildung 1: Das "Baufix"-Flugzeug aus verschiedenen Perspektiven

In unserer ersten Fallstudie [Meyer-Fujara & Rieser, 1997] haben wir einen Beschreibungsansatz für das SFB-"Flugzeug" vorgelegt, der von folgenden Ideen ausgeht: Das "Flugzeug" besitzt einen nachvollziehbaren Aufbau, der in einer Syntax kodiert werden kann; es ist somit ein Gebilde mit Syntax. Sowohl Teilaggregate dieses "Flugzeuges" als auch das gesamte Objekt können sich auf Dinge der Welt, eben Flugzeugteile bzw. Flugzeuge einer bestimmten Art beziehen. Dieser Weltbezug ist es, der die Redeweisen Flugzeug, Propeller, Motorblock etc. legitimiert. Anders ausgedrückt: die verwendete Flugzeugterminologie basiert auf einer Repräsentations-Metonymie: Das Gesamtobjekt und bestimmte seiner Teile depiktionieren bestimmte Flugzeuge bzw. Teile von Flugzeugen, wir haben es mit semiotischen Objekten zu tun. Wie in formalen Sprachen üblich, drückt man diesen Weltbezug von syntaktischen Strukturen mit Hilfe eines Modells aus. Was eine Struktur bezeichnet, wird in einer Metasprache fixiert.

Seit unserer ersten Studie haben wir eine Reihe von Überlegungen angestellt, die wir zunächst diskutieren wollen, bevor wir uns dem entscheidenden nächsten Schritt im semiotischen Ansatz, seiner Generalisierbarkeit, zuwenden. Generalisierbarkeit bedeutet einfach, daß es nicht ausreicht, die Flugzeugredeweise lediglich im Zusammenhang mit dem Baufix-"Flugzeug" als durch seinen spezifischen syntaktischen Aufbau und seine Depiktionsleistung bedingt zu erklären. Viele andere Objekte, die ganz anders aussehen als das "Baufix"-Flugzeug, aber ebensowenig tatsächliche Flugzeuge sind, werden ebenfalls als Flugzeug bezeichnet. Man möchte in diesem Zusammenhang nicht so argumentieren, daß alle diese Flugzeug genannten Objekte einen idiosynkratischen syntaktischen Aufbau haben, der auf geheimnisvolle Art und Weise eine Abbildung auf Flugzeuge zuläszlig;t. Etwas im Aufbau der Objekte selbst mu&szli;g diese Redeweise legimitieren, eine Art Regelhaftigkeit muß ihre Grundlage bilden.

Zwei Punkte gehören zu diesen vorher anzustellenden Überlegungen> das Problem des Beschreibungsniveaus in der Metasprache, ihre Detailliertheit, wenn man es so will, und die Tatsache, daß Aggregate aus dem Baufix-"Flugzeug" sich auf Teile von miteinander inkompatiblen Flugzeugen beziehen können. Erklärungsbedürftig in diesem Zusammenhang ist, daß diese Inkompatibilität die metonymischen Redeweise nicht beeinträchtigt.

Wir behandeln diese beiden Probleme in den folgenden Abschnitten "Verschärfung der Metasprache" und Distributive Referenz".


Anke Weinberger, 1998-03-26