Universität Bielefeld - Sonderforschungsbereich 360

Repräsentations-Metonymie, Perspektive und Koordination in aufgabenorientierten Dialogen

Hannes Rieser

Zusammenfassung

Ausgangspunkt der nachfolgenden Studien sind Klassifikations- und Konstruktionsdialoge, Videos und Augenbewegungsstudien zum "Flugzeug"-setting des SFB 360, "Situierte Künstliche Kommunikatoren": Ein Agent (Konstrukteur) baut nach den Anweisungen eines zweiten (Instrukteur) einen Spielzeugflieger aus Bauteilen der Marke "Baufix" (Lochleisten, Schrauben, Schraubwürfeln etc.) zusammen. Instrukteur und Konstrukteur sind voneinander getrennt. Gegenstand der Studie ist die Verwendung der Ausdrücke Flugzeug, Propeller etc. sowie der "flugzeugbasierten" Positions- und Richtungsangaben vorne, hinten etc. in diesen Dialogen. An Problemen werden behandelt: Repräsentations-Relationen, Repräsentations-Metonymien (R.-Metonymien) und Fragen der Benennung und Orientierung mit Hilfe von R.-Metonymien im Zusammenhang mit Flugzeug.

Als erstes geht es anhand des "Baufix"-Flugzeugs um die Frage, welche Eigenschaften Gegenstände repräsentieren können, wann also ein Gegenstand Repräsentans für andere Gegenstände, Repräsentanda, sein kann. Zweitens wird erörtert, wie es, gegeben eine Repräsentationsrelation, zu einer R.-Metonymie, d.h. zur Verknüpfung eines sprachlichen Ausdrucks mit einer Repräsentations-Relation kommt. Schließlich wird drittens gezeigt, wie die R.-Metonymie Flugzeug von den Agenten ausgebeutet wird, um deren Handlungen zu koordinieren.

Die Flugzeug-Metonymie wird von den Agenten verwendet, um (1) ausgezeichnete "Baufix"-Aggregate zu benennen und (2) intrinsische Orientierung von "Baufix"-Aggregaten (vorne, hinten, links, rechts etc.) über die intrisische Orientierung des Repräsentandums Flugzeug zu fixieren. (3) Auch die Perspektive der Agenten zu einem "Baufix"-Aggregat wird über das Repräsentandum eingeführt. Somit erweist sich (4) die R.-Metonymie als zentral für Handlungsabläufe: Insbesondere Instruktoren setzen die R.-Metonymie ein, um die intendierten Resultate der nächsten Handlungsschritte anzugeben oder um zu testen, ob eine Reihe von Handlungen das erwünschte Resultat erbracht hat. (5) Agenten sind beim Lösen der Konstruktionsaufgabe dann erfolgreich und effizient, wenn sie es schaffen, die R.-Metonymie koordiniert einzusetzen, d.h. sowohl ihre Benennungen als auch ihre jeweiligen Perspektiven aufeinander abzustimmen. Die Klärung von Koordinationsproblemen unter Zuhilfenahme der R.-Metonymie nimmt in den Dialogen des Flugzeug-Korpus breiten Raum ein.

(6) Gestört wird die Koordination zwischen Instrukteur und Konstrukteur u.a. dann, wenn beide Agenten verschiedene Orientierungsraster verwenden und als Folge davon eine intrinsische, metonymie-basierte Orientierung mit einer agentenzentrierten, deiktischen Orientierung konfligiert. Abschließend wird die Leistungsfähigkeit von R.-Metonymien in aufgabenorientierten Dialogen insgesamt bewertet.


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Anke Weinberger, 1997-02-17