Aus der Statistik sind zahlreiche "klassische" Verfahren bekannt, die sich ebenfalls mit der Thematik der Merkmalsgewinnung und des Lernens von Beispielen beschäftigen, ebenso in der jüngeren Zeit aus dem Bereich der wissensbasierten Methoden. Alle drei Gebiete leiten ihre Verfahren allerdings von unterschiedlichen Paradigmen ab. Während sich neuronale und statistische Methoden in ihren Eigenschaften oft überschneiden, stellen neuronale Netzwerke und wissensbasierte Techniken eher ein Gegensatzpaar dar, insbesondere, was ihren Umgang mit Wissen anbelangt.
In einer Kooperation der Arbeitsgruppen Angewandte Informatik und Neuroinformatik der Universität Bielefeld wurde untersucht, ob und wie die Vorteile neuronaler und wissensbasierter Methoden zusammen genutzt werden können, indem sie in einem hybriden System zur Wissensrepräsentation und -verarbeitung vereint werden. Zur Untersuchung dieses Ansatzes und zur Demonstration der damit gegebenen Möglichkeiten wurde ein anspruchsvolles und praktisch wichtiges Bilderkennungsproblem gewählt, nämlich die bildgestützte Segmentierung einer menschlichen (oder anthropomorphen) Hand, in Verbindung mit einer nachfolgenden Erkennung wichtiger Parameter, wie Orientierung oder Zeigerichtung. Die Lösung dieser Aufgabe stellt eine große Herausforderung im Bereich des Computersehens dar und zielt auf die Schaffung einer leistungsfähigen Mensch-Maschine-Schnittstelle zur Steuerung von mehrfingrigen anthropomorphen Manipulatoren durch menschliche Handgestik.
Der vorliegende Bericht beschäftigt sich eingehend mit der Realisierung eines ausgewählten Systemteils, nämlich der Segmentation der Hand aus dem Pixelbild. Die Genauigkeit aller nachfolgenden Verarbeitungsschritte hängt von der erfolgreichen Trennung der Hand vom Bildhintergrund ab, so daß diesem Systemteil eine zentrale Bedeutung zukommt. Unsere Lösung beruht auf der lokalen, pixelweisen Klassifikation der Bildpunkte in "Hand" und "Hintergrund" durch ein neuronales Netzwerk, das anhand von vorab klassifizierten Daten trainiert wurde. Das Verfahren wird in Kapitel 3.2.1 im Detail präsentiert. Aus den einleitend genannten Gründen legen wir besonderen Wert auf die Evaluierung des neuronalen Verfahrens im direkten Vergleich mit "klassischen" Techniken. Daher wird das neuronale Netzwerk mit einem Standardverfahren der Mustererkennung, dem Normalverteilungsklassifikator, sowie einer von Hand eingestellten Schwellwertfilterung verglichen. Dabei wird der Einfluß der gewählten Merkmale, die Bedeutung der Trainingsstichprobe, der Nutzen von Auflösungspyramiden und die Personenspezifität der trainierten Klassifikatoren untersucht. Die Ergebnisse für die gegebene Anwendung und ihre Bedeutung im Vergleich mit den Standardmethoden diskutiert.