Universität Bielefeld - Sonderforschungsbereich 360

Natürlichsprachliche Steuerung eines behaviorgesteuerten Roboters

Kornelia Peters

Einleitung

Durch eine enge Verknüpfung von Sprache, Wahrnehmung und Handlung soll es ermöglicht werden, Phänomene und Probleme situierter Kommunikation zu verstehen bzw. zu bearbeiten, die vor allem in praktisch dominierten Tätigkeitszusammenhängen eine wichtige Rolle spielen. Im D1-Projekt ("Kommunizierende Agenten") wird dazu eine spezielle Architektur verwendet, die eine Integration von Sprache, Wahrnehmung und Handlung ermöglicht. Die mehrstufige Systemarchitektur besteht aus einem behaviorbasierten Basissystem und einem höherern ('kognitiven') System.

Das Szenario, in dem diese Architektur getestet werden soll, besteht aus einem natürlichsprachlich steuerbaren Montageroboter und 'Baufix'-Teilen. Die Aufgabe des Roboters ist es, ein 'Baufix'-Flugzeug zusammenzubauen bzw. mit den entsprechenden 'Baufix"-Teilen nach natürlichsprachlichen Anweisungen bestimmte Handlungen auszuführen. Zu natürlichsprachlicher Steuerung gibt es bisher wenige Arbeiten. Ein System aus diesem Bereich ist KANTRA (Lueth et al. 94).

Im Projekt "Kommunizierende Agenten" soll die Sprachverarbeitung nicht als 'front end' betrachtet werden, sondern als über mehrere Komponenten verteilt. Dadurch wird es ermöglicht, insbesondere solche Phänomene zu verarbeiten, die aus dem traditionellen Ansatz der KI bzw. Sprachverarbeitung heraus nur schwer oder gar nicht zu verarbeiten sind. Diese Phänomene ergeben sich zu einem großen Teil aus dem praktisch dominierten Tätigkeitszusammenhang des Anwendungsszenarios. Praktisch dominierte Tätigkeitszusammenhänge besitzen ein spezifisches Verständigungssystem. Daraus folgt, daß Äußerungen nur adäquat zu verstehen sind, wenn auf den Typ von Tätigkeitszusammenhang Bezug genommen wird, in dem sie situiert sind (Fiehler 93, S. 344). Innerhalb des D1-Projektes ist der Handlungsfluß als primär anzusehen. Weder Sprache noch Wahrnehmung bilden also das Zentrum des Systems, sondern die auszuführenden Handlungen, von denen ausgehend der Sprache und der Wahrnehmung Bedeutung zukommt. Die zu verarbeitenden sprachlichen Anweisungen an den Roboter sind dabei nur aus dem Wahrnehmungs- und Handlungszusammenhang heraus verständlich. Zur Interpretation bzw. zum Verstehen der Anweisungen ist also die Einbeziehung von Sensordaten notwendig. Das behaviorbasierte Basissystem soll dabei zur Integration von Sprache, Wahrnehmung und Handlung maßgeblich beitragen.

Der behaviorbasierte Ansatz findet vor allem Verwendung in Systemen, in denen Autnonomie, Reaktivität und Situiertheit im Vordergrund stehen. Das Konzept der Behaviorbasiertheit ist im Bereich der Robotik, vor allem zur Programmierung mobiler Roboter entstanden. Eine zentrale Idee dabei ist, eine Menge kleinerer Einheiten mit jeweils aufgabenorientierter Kompetenz zu verwenden, um eine komplexe Kompetenz des Gesamtsystems zu erlangen. dabei ist eine enge Kopplung von Sensoren und Aktuatoren von besonderer Bedeutung. Außerdem spielt die Verarbeitung und Integration von verschiedenartigen Sensorinformationen eine wichtige Rolle, wodurch ein reaktives, situationsabhängiges Verhalten des Systems erst ermöglicht wird. Der behaviorbasierte Ansatz scheint aus diesem Grund für eine situierte Sprachverarbeitung gut geeignet zu sein.

Die sprachlichen Phänomene, die bei der Verarbeitung im D1-Projekt im Vordergrund stehen, sind vor allem situationsabhängige Objektkennzeichnungen und elliptische Äußerungen, die nur auf der Grundlage der aktuellen Handlung bzw. Handlungssequenz und der aktuellen Wahrnehmungssituation interpretiert werden können. Im Einzelnen handelt es sich in erster Linie um die Verarbeitung von Referenzen auf Objekte, Referenzen auf Aktionen, Korrekturen und räumlichen Ausdrücken.


Postscript-File (~ 749 k)
Anke Weinberger, 1995-01-12, 1995-09-25