Fachrichtung Psychologie
Universität des Saarlandes
Montag, 03.06.2002, 16 Uhr c.t., Hörsaal 9
Ein visuell-räumliches Arbeitsgedächtnis wurde erstmals in der
Arbeitsgedächtniskonzeption Baddeleys explizit postuliert. Es wurde als
zweites unabhängiges Slavesystem neben das verbale Arbeitsgedächtnis
gestellt und von diesem in einer Reihe empirischer Befunde abgegrenzt. In
einer zweiten Forschungsphase hat man diesem visuell-räumlichen System
dann eine Binnendifferenzierung gegeben, die im wesentlichen die
Unterscheidung visueller und räumlicher Information betrifft. Diese
Unterscheidung hat aber zu zahlreichen widersprüchlichen Befunden
geführt, die letztlich das Konzept des Arbeitsgedächtnisses generell in
Frage stellen. Ich werde diese Entwicklung aufzeigen und eine Reihe
eigener Befunde vorstellen, die mit der Konzeption eines
visuell-räumlichen Arbeitsgedächtnisses nicht verträglich sind.
Als Alternative schlage ich vor, die Leistungen des Arbeitsgedächtnisses
durch ein Netz von Teilprozessen zu erklären, die aufgabenabhängig im
Rahmen ihrer biologischen Constraints rekonfiguriert werden können. Sie
umfassen Prozesse des temporären Haltens von Information, aber auch des
Enkodierens und des Abrufens von Information, die üblicherweise dem
Langzeitgedächtnis zugeschrieben werden.