Visuelle und räumliche Prozesse beim deduktiven Denken:
Verhaltensexperimente und fMRT
Markus Knauff
Universität Freiburg/Universität Oldenburg
Montag, 12.05.2003, 16 Uhr c.t., Hörsaal 9
Menschen erleben Denkprozesse meist als Vorstellen vor dem "inneren Auge".
Der Vortrag schafft eine Verbindung zwischen höheren kognitiven Prozessen
und visuell-räumlichen Wahrnehmungssystemen. Er bietet einen Überblick über
die neuere Forschung einschließlich eigener Ergebnisse, wobei deduktive
Denkprozesse (in denen aus gegebenen Prämissen gültige Konklusionen
abgeleitet werden) im Mittelpunkt stehen. Verhaltensexperimente zeigen, dass
die gleichzeitige Bearbeitung solcher Aufgaben und visuell-räumlicher
Wahrnehmungs- und Gedächtnisaufgaben die Leistung beim Denken
beeinträchtigt. Diese Interferenzen werden auf die Beteiligung der selben
kognitiven Systeme zuruckgeführt. Zudem zeigen Denkexperimente mit Hilfe
funktioneller Kernspintomographie (fMRT) erhöhte Aktivierung in
Hirnregionen, die mit visuell-räumlichen Wahrnehmungs- und
Gedächtnisprozessen in Verbindung stehen. Bei genauerer Betrachtung scheinen
allerdings vor allem multimodal-räumliche und weniger rein visuelle Systeme
in solchen Aufgaben eine Rolle zu spielen. Die Befunde werden auf Grundlage
einer Theorie erklärt, die menschliches Denken als Konstruktion und
Inspektion analoger Repräsentationen begreift, in denen Ausschnitte eines
vorgestellten Sachverhaltes mental simuliert werden.
Literatur
- Knauff, M., Fangmeier, T., Ruff, C. C. & Johnson-Laird, P. N. (in press).
- Reasoning, models, and images: Behavioral measures and cortical activity.
Journal of Cognitive Neuroscience.
- Knauff, M. & Johnson-Laird, P. N. (2002).
- Visual imagery can impede
reasoning. Memory & Cognition, 30, 363-371.