Funktionelle und kortikale Organisation des semantischen Gedächtnisses

Markus Kiefer

Abteilung Psychiatrie III
Universität Ulm

Montag, 16.07.2001, 16 Uhr c.t., Hörsaal 9
Menschen erwerben im Verlauf ihrer Entwicklung ein umfangreiches Wissen über Gegenstände in ihrer Umwelt. Dieses begriffliche Wissen ist im semantischen Gedächtnis, einem Teilsystem des Langzeitgedächtnisses, gespeichert und erlaubt ihnen, Gegenstände zu erkennen und in ihrer Bedeutung zu erfassen. In dem Vortrag steht die Fragestellung im Mittelpunkt, nach welchen Prinzipien diese Wissenshalte im Gedächtnis organisiert sind. Ein Aspekt, der in den letzten Jahren aufgrund neuropsychologischer Untersuchungen an Bedeutung gewonnen hat, ist die Kategorien-spezifität: Empirische Evidenz zu kategorienspezifischen Effekten bei semantischen Gedächtnis-aufgaben (z.B. natürliche Kategorien wie Tiere vs. artifizielle Kategorien wie Werkzeuge) legt nahe, daß sich das semantische System aus mehreren kortikalen Arealen zusammensetzt. Diese repräsentieren jeweils unterschiedliche Wissensinhalte, die mit den jeweiligen Kategorien ver-knüpft sind. Kategorienspezifische Effekte treten nach dieser Vorstellung unter anderem deshalb auf, weil die semantische Verarbeitung natürlicher Kategorien vor allem auf visuell-anschaulichen Wissensinhalten beruht (z.B. der Form eines Tieres). Für die semantische Verarbeitung artifizieller Kategorien sind dagegen vor allem abstrakt-funktionale Inhalte relevant (z.B. die Funktion eines Werkzeuges). Das Gehirn speichert also Information in den jeweiligen Regionen ab, die im Umgang mit den Objekten besonders aktiv sind. So sind Werkzeuge häufig Teil von Handlungs-sequenzen, während bei Tieren in der Regel eher visuelle Unterscheidungen getroffen werden. Diese spezifischen Interaktionen mit Objekten unterschiedlicher Kategorien hinterlassen systematische Spuren im semantischen Gedächtnis.


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