Ich berichte über einen Ansatz der experimentellen Psycholinguistik, der Bedeutungsdifferenzierung naiver Sprachbenutzer bei der Verwendung von Lexika näherzukommen. Dazu sollten Probanden ein Textsegment mit Hilfe der lexikalischen Datenbank WordNet Wort für Wort semantisch annotieren. Es wurde untersucht, ob und inwiefern die lexikalische Klasse, die gegebene Polysemie (als Anzahl der eingetragenen Bedeutungsalternativen) und die sequentielle Anordnung dieser Alternativen die Übereinstimmung zwischen den "Taggern" und einem Expertenurteil sowie die Übereinstimmung innerhalb der "Tagger" beeinflußt.
Die Ergebnisse lassen erkennen, daß kontextgebundene Wortverwendungen nicht in jedem Fall einer Bedeutungsalternative eindeutig zugeordnet werden können und daß alle beteiligten Variablen die Entscheidungen der Probanden beeinflussen. Was bedeutet das für die Gestaltung von Lexikoneinträgen, für die psychologische Beschreibung des Prozesses der Konsultation eines Lexikons, für die Benutzungsinstruktion (auch schon im schulischen Unterricht) und für die subjektive Repräsentation von Wortbedeutungen?