Methodische Orientierung des Sonderforschungsbereichs 360 "Situierte Künstliche Kommunikatoren"

Gert Rickheit

SFB 360: Situierte Künstliche Kommunikatoren
Universität Bielefeld

Abstract
Neben der Orientierung an einer gemeinsamen theoretischen Konzeption Situierter Künstlicher Kommunikatoren gibt es ein weiteres Durchführungsprinzip der Forschungsarbeiten im SFB, das methodisch motiviert ist. Denn die theoretische Orientierung des SFB erfordert für die Realisierung eine spezielle Methodologie. Eine der wichtigsten Anforderungen ist die Herstellung einer Verbindung zwischen der empirischen Forschung mit menschlichen Versuchspersonen auf der einen Seite und mit maschinellen Systemen auf der anderen Seite. Die experimentell-simulative Methode, die wir in den letzten Jahren entwickelt haben, hat genau diese Verbindung zum Ziel. Die Erforschung Künstlicher Kommunikatoren erfolgt daher auf der Grundlage empirisch ermittelter Daten, die als Ausgangsbasis für die Simulation bestimmter Aspekte dienen. Damit stehen als methodische Orientierungen empirische Fundierung, Systementwicklung sowie hybride Repräsentationen im Vordergrund der Arbeiten des Sonderforschungsbereichs.

Empirische Fundierung Charakteristisch für die experimentell-simulative Methode ist das komplementäre Verhältnis zwischen Untersuchungen bei menschlichen Versuchspersonen und maschinelle Simulationssystemen. Die experimentell-simulative Methode zeichnet sich dadurch aus, daß auf der Grundlage theoretischer Modelle nicht nur Experimente mit Versuchspersonen, sondern auch mit Simulationssystemen durchgeführt werden. Erbringen die Resultate eine gewisse Übereinstimmung zwischen Mensch und Maschine, können die im Simulationssystem implementierten Strukturen und Prozesse zur Erklärung des bei den Versuchspersonen beobachteten Verhaltens verändert werden. Eine etwaige Abweichung ist ein Hinweis auf eine noch nicht kognitiv adäquate Modellierung, woraus Schlußfolgerungen auf weitere spezifische Untersuchungen in beiden Bereichen gezogen werden können.

Systementwicklung
Situierte Künstliche Kommunikatoren sind formale Systeme, die relevante Aspekte natürlicher Kommunikation rekonstruieren. Somit entstehen in den Teilprojekten des SFB Implementierungen von Modellen der jeweils ausgewählten Aspekte. Diese Implementierungen haben dabei mehrere Funktionen. So ist zum einen die Realisierung eines Programmsystems eines der eigentlichen Ziele der Teilprojekte. Zum anderen werden die Implementierungen als Werkzeuge bei der Evaluierung der Modelle eingesetzt. Außerdem sollen mit ihrer Hilfe neue Hypothesen formuliert werden, die anschließend empirisch überprüft werden können. Mit dieser Vorgehensweise soll gewährleistet werden, schrittweise ein Gesamtsystem zu realisieren, das alle in den Teilprojekten behandelten Aspekte Situierter Künstlicher Kommunikatoren und die Einzelimplementierungen integriert.

Hybride Repräsentationen
Angesichts des Spektrums der Informationsverarbeitungsleistungen, die von einem Sensorik, Motorik und Sprache integrierenden Künstlichen Kommunikator beherrscht werden müssen, ist der Einsatz einer ganzen Reihe unterschiedlicher Repräsentationsformalismen für die zu verarbeitenden Informationen unerläßlich. Dementsprechend kommt hybriden Ansätzen, die den Umgang mit mehreren Repräsentationsformen erlauben, hohe Bedeutung zu. Dabei ist zwischen konnektionistischen und symbolischen Ansätzen zu unterscheiden. Beide Ansätze sind mächtig genug, im Prinzip jede berechenbare Funktion zu realisieren. Für Datenkomplexitäten, wie sie bei Situierten Künstlichen Kommunikatoren zu beherrschen sind, sind dabei keine theoretisch fundierten Vorhersagen mehr möglich. Statt dessen müssen in erster Linie praktische Erfahrungen im Einsatz konnektionistischer bzw. symbolischer Systeme in realistisch komplexen Systemen hier zur Weiterentwicklung beitragen.


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